Wie geht’s der Jägerschaft mit den Mountainbiker*innen? Wir haben bei Robert Hufnagl, dem Leiter der Gemeindejagd in Altmünster nachgefragt. Der Landwirt überblickt mit vier Dutzend Jäger*innen 19 Reviere auf einer Fläche von 4000 Hektar. Im Gespräch mit Michael Vielhaber von der Initiative MTB Traunsee wünscht sich der Waidmann vernünftige Lösungen für ein Miteinander am Berg und im Wald. Ein Abend in einem Jagdstand auf dem Gmundnerberg mit Blick auf den Traunstein und saftige Wiesen:
Michael: Wie grüßt du einen Mountainbiker?
Robert: Griaß di! Wenn es wo ein Fahrverbot gibt, dann spreche ich die Biker darauf an – oft landen sie durch Unwissen auf solchen Wegen, ich nehme das dann nickend zur Kenntnis. Man kennt den Wegen ja an, wenn sie ausgefahren sind. Und gefahren wird ja bei jedem Wetter.
Wege für Mountainbiker sind ja anders gebaut und angelegt, damit sie nicht so stark erodieren und die Natur abseits keinen Schaden nimmt. Deshalb setzt sich die Initiative dafür ein, dass solche Wege entstehen und das klar geregelt wird.
Das Wild gewöhnt sich bis zu einem gewissen Maße an offizielle Wege, aber bei deren Planung muss auf ihren Lebensraum Rücksicht genommen werden. Also wenn Mountainbiker schon Wege benutzen, dann bitte nicht irgendwo fahren, sondern wenigstens auf den ausgeschilderten Wegen. Ein Mountainbiker auf einer freigegebenen Forststraße? Das Rauschen stört die alte Geiß nicht. Der Wildwuchs illegaler Wege wird aber zum Problem. Und da sind wir schon mitten im Thema. Das Wild braucht auch seine Ruhezonen. Und es muss ausziehen können, möglichst ungestört.
Was heißt das?
Da verlässt das Reh den Schutz des Waldes, um Abends zu äsen und eventuell ein Kitz zu säugen, die auch tagsüber in der Wiese bleiben. Das Rehwild ist ein Feinspitz und frisst nur die besten Gräser. Wildschweine haben wir auch, die sind eingewandert und gekommen, um zu bleiben. Füchse gibt’s da bei uns in der Gegend auch ganz schön viele, Raubzeug nennt man das. (Robert zeigt plötzlich auf gegenüber auf den Hang, Anm.) Schau, da haben wir eh einen Mountainbiker auf einem Weg, der eigentlich keiner ist.
Und Helm hat er auch keinen auf.
Das behindert mich in meiner Arbeit und ich habe einen klaren Auftrag. Wir kümmern uns ja auch um das Wild und schießen nicht nur. Da, wo wir sitzen, kommt das Wild abends von mehreren Seiten heraus.
Deshalb treten wir als Initiative dafür ein, dass es eine legales Angebot gibt, mit dem alle Betroffenen einverstanden sind und vielleicht sogar noch jemand davon profitiert, da denke ich an den Tourismus in der Region oder etwa die Gastronomie am Gmundnerberg.
Wusstest du, dass das Wild eine ganz andere Farbwahrnehmung hat? Für uns ist Rot eine Warnfarbe, für das Wild ist das zum Beispiel die Farbe Blau. In Altmünster müssen wir Jahr für Jahr eine hohe Stückzahl Rehwild entnehmen, das ist eine Heidenarbeit. Da geht es um die Ausgeglichenheit zwischen Wald- und Wildbestand. Ist der Verbissgrad im Wald zu hoch, passt die Behörde den Abschlussplan an. In einigen Jagdrevieren bei uns ist das Biken in den Abendstunden ein massives Problem, wenn die Radfahrer zu den für uns besten Zeiten daherkommen.
Die da konkret wären?
Im Sommer geht’s natürlich am besten, da habe ich die längsten Bejagungszeiten – von halb fünf bis halb zehn kann man da jagen. Im Herbst wird’s schwierig, da werden die Tage kürzer und jeder ist berufstätig, mit Familie kann man auch nicht jedes Wochenende opfern. Da, der nächste Biker. (Zeigt auf dieselbe Stelle wie kurz zuvor)
Das klingt eigentlich, als würde uns mehr verbinden als trennen. Wenn ich den ganzen Tag im Job verbringe und nur abends den Ausgleich suchen kann, dann ist die Sachlage bei Jägern und Bikern ja sehr ähnlich.
Das stimmt nicht ganz, wenn’s regnet gehen wir besonders gern jagen, weil da Ruhe ist. (lacht) Und wie gesagt, wir Jäger sind ja nicht nur zum Ausgleich draußen, sondern erfüllen auch einen gesellschaftlich wichtigen Auftrag – die Jagd!
Was wäre denn ein Lösungsansatz?
Deshalb sitzen wir beisammen. Ich kann’s nicht dem Einzelnen ausrichten und da sind ganz oft und von beiden Seiten Emotionen dabei – wenn, dann müssen wir an einem Strick ziehen. Auch die Bauern sind nicht generell gegen das Mountainbiken, aber es muss gelenkt werden. Wenn wir etwas erreichen wollen, dann müssen wir das miteinander machen. Seit dem Info- und Diskussionsabend in Altmünster schaue ich natürlich noch genauer hin. Da gibt es einzelne Personen, die eure ganze Gruppe in Verruf bringen. Was ist also unser Ansatz? Die zeitliche Begrenzung ist für uns wichtig und das nicht aus wilden Trampelpfaden von Spaziergängern, Wanderern oder Trailläufern dann irgendwann auch noch Mountainbikewege werden. Das Zauberwort ist Lenkung – plus Respekt für die Natur und die Wildtiere.
Wir haben ja auch Regeln bei der Jagd. Mich fasziniert die Tradition und das von Kindheit an, aber auch wir entwickeln uns weiter. Ich schätze das sehr, dass man bei uns in der Region der Jagd noch in dieser Form nachgehen kann. Ich thematisiere oft bei meinen Kameraden, wie wir mit störenden Personen umgehen – sobald wir gereizt reagieren, sind wir schon Zweiter. Ich habe oft das Gefühl, dass uns Leute dann etwas zu Fleiß tun. Deshalb rate ich auch meinen jungen Kameraden: Lieber einmal mehr den Ärger schlucken und den Konsens suchen, das bringt mehr.
Wem gehört dieser Jagdstand eigentlich?
Dem Jagdausübungsberechtigten im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer. Wir erledigen die Arbeit zusammen im guten Einvernehmen.
Du musst also auch fragen, ob du hier sein darfst?
Ja natürlich, der Grund gehört ja schließlich jemandem. Mir ist ein guter Kontakt und der Austausch mit den Grundbesitzern wichtig, denn schließlich soll alles geregelt und ordentlich im Einvernehmen ablaufen.
Was ist denn das Rücksichtsloseste, das ein Mountainbiker tun kann?
Wenn jemand durchs lange Futter, also durch Wiesen fährt oder quer durch den Wald. Da setzt der Hausverstand aus – mir muss doch klar sein, dass die jemand nutzt. Noch schlimmer: Einer fängt an, zehn fahren nach.
Außerdem Brems- und Schleifspuren auf Wanderwegen, damit wird der Boden verdichtet und es entstehen Rinnen, bei Regen schießt das Wasser hinunter und bleibt in einer immer größer werdenden Lacke stehen. Da will natürlich niemand durchgehen, die Leute weichen aus und damit wird der Weg automatisch breiter. Deshalb finde ich es gut, dass eure Initiative sich darum bemüht, die Mountainbiker zu informieren und zu sensibilisieren. Seid ihr ein Verein?
Bislang nicht, weil wir ja keine klassische Jugendarbeit, Training für Wettbewerbe oder ein Bike-Event machen. Ein*e Mountainbiker*in ist ein sehr freiheitsliebendes Individuum, ein bisschen so wie ein Reh – also schwer zu greifen, weil ich meinen Sport machen kann wann, wo und wie ich will, ich darf es nur oft nicht und sollte mich im Sinne der Gemeinschaft an Regeln halten.
Für mich wäre es natürlich toll, wenn ich bei einem Verein eine Ansprechperson hätte, einen Obmann. Damit man dorthin auch klar kommunizieren kann, wenn etwas nicht hinhaut. Aber ich verstehe, dass auch ihr euch erst finden müsst.
Was muss ein Mountainbiker unbedingt über das Jagen wissen?
Eben dass wir unsere Jagdzeiten haben. Diese erstrecken sich nicht über den ganzen Tag, sondern sind morgens und vor allem abends im Sommer. Ein Jäger versteckt sich so gut als möglich, das kriegt man in den meisten Fällen gar nicht mit. Das Wild wird immer mehr verstört, weil es so viele Nutzergruppen im Wald gibt. So, wie es bei den Bikern Hotspots gibt, so haben wir Jäger das auch – das muss respektiert werden. Auf die schönsten Plätze setzen wir uns gar nicht mehr hin, weil dort oft so viel los ist und diese Stellen bereits den Spaziergängern und Radfahrern gehören. Deshalb sollte woanders Ruhe herrschen.
Der Landesjägermeister von Oberösterreich Herbert Sieghartsleitner empfiehlt den Kamerad*innen, mit Blick auf die Freizeitnutzung vernünftige Entwicklungsprozesse zu gestalten. Wie kann das in der Region aussehen?
Wenn ich ein Problem mit dem Mountainbiken habe, dann muss ich auch die Grundeigentümer fragen, den Tourismusverband, die Biker und dann schauen wir gemeinsam, wie man das löst und wo es Wege gibt, die zu einer Lösung führen. Ob man das Lückenschlüsse, Teilstücke oder sonst wie nennt, ist mir egal. Mir sind aus anderen Regionen Alleingänge bei der Freigabe von Strecken bekannt – das ist genau der falsche Weg.
Auch wenn wir bei der Initiative uns auch bei Themen wie dem Feuerkogel Downhill einbringen, liegt der Fokus eigentlich auf der Schaffung von niederschwelligen und legalen Angeboten, die für Familien und Einsteiger*innen geeignet ist – das ist die Breite Masse an Mountainbikern.
Ich kann dir aus dem Stegreif nicht sagen ob und wo es im Gemeindegebiet von Altmünster passen könnte. Man muss sich das alles vor Ort in Ruhe anschauen. Ich glaube auch nicht, dass die sportlichen Fahrer die größte Gruppe sind.
Richtig, das sind sie nicht – aber sie sind die lauteste. Und sie kann der Mehrheit die Möglichkeiten des Sports aufzeigen und die Faszination dafür transportieren.
Wir müssen eine Einheit sein. Ein einzelner Ausscherer schadet allen Anderen – wobei das auch andere Sportarten betrifft. Schwarze Schafe gibt es überall, nicht nur bei den Sportlern. Ich habe ja selbst mit dem Mountainbiken begonnen, weil ich mit den Knien Probleme hatte. Die Folgeschmerzen vom Wandern waren weg und Kondition habe ich auch noch bekommen. Ich habe mich jeden Tag weiter hinaufgearbeitet und irgendwann war ich am Gmundnerberg. Jetzt sind meine Frau und ich mit dem eBike gemütlicher unterwegs.
Wie nimmst du die Veränderung des Klimas wahr und die Auswirkungen auf den Wald?
Ich merke es am Winter, die langen Kälteperioden gibt es nicht mehr. Ansonsten hat sich, durch die Brille des Jägers, bei uns noch nicht viel verändert – außer, dass alles im Jahr ein bisschen früher dran ist. Ich denke, dass die Natur immer einen Ausgleich schafft, wir haben zum Beispiel auch noch kein so großes Thema mit dem Borkenkäfer.
Häufen sich deine Begegnungen mit anderen Naturnutzern?
Bei den Radfahrern hat es sich hier heroben auf sehr hohem Niveau eingependelt. Ich glaube nicht, dass das noch explosionsartig nach oben geht. Die Urlaubszeit merkt man natürlich. Es gibt in einigen Revieren Altmünsters wesentlich größere Probleme als hier am Gmundnerberg. Natur und Mensch, mir ist es wichtig, dass jeder seinen Platz findet – ohne, dass er jemand anderen piesackt.
Wo ist aus deiner Sicht der Unterschied zwischen einem Wanderer und einem Mountainbiker?
Den Wanderer höre ich schon von Weitem schnaufen oder ratschen. Bergauf sind beide Gruppen berechenbar für das Wild, wenn sich diese auf einem bestehenden Weg befinden. Trailläufer und Biker bergab sind allerdings so schnell, die sind auf einmal da, da reagiert das Wild ganz anders im Fluchtverhalten.
Haben die Mountainbiker denn noch Platz im Wald?
Das glaube ich schon – wenn es geordnet abläuft. Wir Jäger sind ja eh abseits der Wege. Deshalb verstehe ich es oft nicht, warum da plötzlich jemand dort daher kommt. Wir suchen die Abgeschiedenheit fernab der Forststraßen. Wobei, einen Jagdstand baut man dort hin, wo es etwa eine Schlägerung gab – im Dschungel macht es ja keinen Sinn, ich brauche zumindest einen lichten Wald. Ich tue mir auch mit dem Argument schwer, dass Biker einfach nur dort fahren, wo sonst vielleicht eh auch ein Traktor unterwegs ist. Mit einem Landwirt hat das Wild kein Problem, der ist mit seinen Maschinen laut und langsam. Es gibt genug Möglichkeiten, aber wir müssen sie uns erarbeiten – ich glaube, dass alle zum Dialog bereit sind.