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Hof-Besuch am Gmundnerberg: „Ich will ein Miteinander“

Wir Mountainbiker*innen machen Fehler, manchmal ganz unbewusst. Einfach nur, weil wir uns mangels legalen Angeboten schlecht informieren können oder die falschen Infos im Internet erwischen. So passiert bei der Planung des jüngsten „Meet & Greet“: Vom Bahnhof Gmunden sollte auf den Gmundnerberg gekurbelt werden – ein Klassiker bei den Locals, wenn die Tour über den Pinsdorfberg im Nordosten hinauf zum Berggasthof Urzn führt. Warum wir uns da so sicher waren? Weil viele Leute diese Tafel kennen und sich darauf verlassen, was dort abgebildet ist.


Dass wir illegal unterwegs sind, haben wir erst gemerkt, als uns Franz Moser, der 36-jährige „Rödtbauer“ an der Gemeindegrenze von Pinsdorf und Altmünster darauf aufmerksam machte. Durch seinen Grundbesitz führt jene Route, die an schönen Sommertagen von hunderten Radfahrer*innen frequentiert wird – auf dem eigentlich mit einem Fahrverbot gekennzeichneten Weg. Franz ist selbst gerne mit dem E-Mountainbike unterwegs, deshalb hat Michael Vielhaber von der Initiative MTB Traunsee ihn zum Gespräch gebeten.



Michael: Hallo Franz, wie hast du von der Initiative erfahren?


Franz: Ich hab davon in der Zeitung gelesen und Plakate gesehen. Dann habe ich für den Info- und Diskussionsabend in Altmünster noch drei, vier Leute angerufen, die da auch betroffen sind.


In Gmunden waren bereits Grundbesitzer dabei. Einer hat mir über gefährliche Situationen während seiner Forstarbeiten erzählt, weil Biker die von ihm aufgestellte Schilder ignorieren und Sperren missachten. Deshalb wollen wir hier in alle Richtungen dazu beitragen, Informationen an die richtigen Stellen zu bringen.


Von Gemeindeseite ist da viel zu lange nichts geschehen. Wir haben einen Wildwuchs. Es gibt nichts Offizielles, also kein Angebot. Und nicht alle sind zum Konsens bereit. Ich kann dir jetzt zwei Stunden eine Monolog halten, was mir vor dem Hof und im Wald schon alles untergekommen ist – aber das wird uns nicht weiterbringen.


Was bringt uns weiter?


Die Anonymität ist für uns Grundeigentümer schwierig. Du kennst nicht einmal deinen eigenen Bruder, wenn der eine Radldress anhat, eine Sonnenbrille und einen Helm. Das wird von manchen Leuten schamlos ausgenutzt. Die wissen genau, dass ich hier nicht weg kann – und die machen mit lachendem Gesicht, was sie wollen.


Das Wissen, illegal unterwegs zu sein, belastet das Gewissen – und das spannt an. Damit geht jeder anders um.


Leider passiert uns das hier oft. Es wäre so einfach: Wenn jeder ein bisserl nachdenkt. Dazu gehört Fahren auf Sicht und Respekt, dann kann jeder hier fahren. Es geht einfach nicht, dass jemand von oben kommend tretend und mit Vollgas daherkommt und dann schreit, wir sollen aus dem Weg gehen – während du mit dem Traktor dastehst und denkst: Was soll ich jetzt tun? Was mich stört, ist diese Selbstverständlichkeit, dass jemand – obwohl er nicht im Recht ist – sich mit dem E-Bike hinstellt und seine Freizeit über alles stellt.


Wie sieht die Situation in deinem Wald hier heroben auf dem Gmundnerberg aus?


Wir liegen sehr zentral, bei uns kommen viele Wege zusammen: Da gibt es Fußgeher, Radverkehr – es tut sich was, es ist ja auch schön hier und das passt. Die Gemeinde und der Tourismusverband haben es in den vergangen Jahren geschafft, dass der Müll und die Hinterlassenschaften von Hunden dank Gackisackerln weniger geworden sind, das war ein massives Thema. Natürlich ist die Haftung ist ein riesiges Thema. Ich bin mit dieser Vollkaskomentalität nicht einverstanden, weil es sind immer die Anderen Schuld aber nie ich selbst.


Das betrifft ja nicht nur Radfahrer.


Nein, das betrifft jeden.



Franz: Wo wollt ihr mit der Initiative eigentlich hin?


Michael: Wir wollen, dass es für alle besser wird. Deshalb haben wir im Sommer 2023 die Mountainbikerinnen und Mountainbiker gefragt, wie sie das Thema am Traunsee beurteilen. Die Umfrage ist die Basis für alles, was es nun an Veranstaltungen gibt. Dort informieren wir, schaffen Raum zum Austausch und für Diskussion. Wir wollen einen Mehrwert für die lokale Bevölkerung schaffen. Wenn’s für diese passt, werden Touristen das Angebot selbstredend schätzen.


Eure Berichte zur Umfrage habe ich interessiert gelesen, das ist ja alles auf eurer Website zu finden.


Genau, Transparenz ist uns ganz wichtig. Wir erarbeiten nun mit der Community unterschiedliche Themenbereiche rund um das Thema Mountainbiken und was es für die Gesellschaft bereits leistet – etwa für Kinder und Jugendliche oder im Bereich mentale Gesundheit. Und wir wollen in der Mountainbike-Community mehr Sensibilität für die Bedürfnisse jener Leute schaffen, für die der Wald als Arbeitsplatz dient oder noch wichtiger: denen der Wald respektive Grund gehört. Das alles soll Grundlage für einen Workshop im November 2024 sein, zu dem wir die vier Ufergemeinden mit Vertretern der Bundesforste aus Ebensee, des WaldCampus in Traunkirchen, der Seilbahnholding mit Sitz in Gmunden sowie des Tourismusverbandes Traunsee-Almtal einladen. Dort stellen wir eine simple Frage: Wollen wir ab 2025 das Thema „Mountainbike“ für die Region gemeinsam entwickeln?


Das finde ich gut. Ihr wollt also etwas von der Basis heraus entwickeln. Man bewegt sich oft in der eigenen Blase, aber unsere Welt ist zu schnelllebig geworden – man muss einfach ein bisschen links und rechts schauen. Ich wurde von meinen Begleitern beim Infoabend in Altmünster im Vorfeld gefragt, was ich mir da anfange. Gar nichts, habe ich geantwortet, ich gehe da jetzt hin und höre mir das an. Ich denke, viele haben die Angst, dass gleich irgendwo etwas gebaut wird – der Reflex ist meistens: Nur nicht bei mir!


Das verstehe ich. Deshalb sind wir dir auch sehr dankbar, dass du diesen Schritt nach vorne machst.


Bei mir tut sich so viel rund um den Hof, wenn man das durch gezielte Lenkung verbessern kann, bin ich dankbar. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass auch der Sporthandel schon auf seine Kunden einwirkt und sie sensibilisiert.


In wieweit betrifft dich das Thema Jagd?


Ich bin kein Jäger, sitze aber im Jagdausschuss und vertrete dort die Interessen der Grundbesitzer. Das Wild gewöhnt sich daran, wenn die Biker immer auf den gleichen Bahnen fahren. Vor einem Jahr wurde eine neue Forststraße herauf gebaut, wo die steigende Frequenz meinem Nachbarn große Sorgen bereitet dabei ist diese für Radfahrer nicht freigegeben, seit Corona wird es wesentlich schlimmer für ihn.


An wen wendet ihr euch als Grundeigentümer, wenn die Situation untragbar wird?


Natürlich reden wir mit der Gemeinde, aber das Thema überfordert einerseits, andererseits dauern dort die Wege und Entscheidungsfindungen einfach zu lange. Da ändert sich die Problemstellung teilweise schneller, als ein Amt die ursprüngliche Frage lösen kann. Aber sie helfen uns und ich verstehe, dass das manchmal schwierig ist.


Stichwort: Haftung. Wo bekommst du zu diesem Thema Antworten?


Ich rede oft mit meiner Versicherung, die ist da auch gelegentlich überfragt. Die raten mir zum Beispiel, alle meine Fahrzeuge anzumelden und zu versichern, was ich bereits gemacht habe. Gesprochen habe ich auch mit der Rechtsabteilung der Landwirtschaftskammer oder mit der Polizei. Bis jetzt konnte mir das niemand Schwarz auf Weiß beantworten.


Mein Anspruch ist: Es geht nur miteinander und ich setze auf Handschlagqualität. Mir ist klar, dass das Thema nicht mehr weg geht. Deshalb sitzen wir auch gerade hier. Am Ende des Tages soll man sagen können: Ja, es ist besser geworden – für beide Seiten.


Das bedeutet, dass du auch am 21. Mai nach Ebensee zum nächsten Info- und Diskussionsabend kommst?


Ich werde es versuchen.


Der Gmundnerberg ist ja ein wunderbarer Radberg: Rennrad, Gravel, Mountainbike – er bietet grundsätzlich für alle perfekte Voraussetzungen.


Eigentlich gibt es keine legalen Mountainbike-Wege, deshalb gibt es einen Wildwuchs. Da kommt sich die Freizeitwirtschaft intern in die Quere, weil sich Wanderer und Mountainbiker treffen. Wenn da einer mit seinen Kindern raufgeht und ein Anderer mit seinem Rad runter presst, das passt nicht zusammen.


Und wenn ein Grundeigentümer sagt, dass er das nicht will, ist das zu respektieren.


Ich habe eine Bitte, auch wenn die Initiative oder die Radgeschäfte keine Benimm-Schulen sind: Sagt den Leuten, dass sie das Hirn einschalten sollen, auf Sicht fahren, Respekt zeigen. Es gibt auch Leute, die dort wohnen und eine Existenz haben. Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem Andern zu. Ich will ein Miteinander.

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